Israel > Hotel Stalingrad – Israels Rettung 1948. Teil 20: Fliegende Festungen
Besuch vom FBI. Kauf von Langstreckenbombern. 10.000 Kilometer Flug. Bombardierung Kairos – von der Tschechoslowakei aus. https://www.mena-watch.com/israels-rettung-1948-teil-20-fliegende-festung/
Als Al Schwimmer am 14. Januar 1948 sein neues Büro im Lockheed Air Terminal in Burbank verlassen hatte und gerade an Gate 117 vorbeiging, sah er, wie ein Mann aus einem geparkten Auto stieg und zielstrebig auf ihn zuging. Der Fremde begrüßte Schwimmer mit seinem Namen und klappte ein schwarzes Lederetui auf. Schwimmer blickte nach unten und sah den Ausweis: FBI.
Bei dem Mann handelte es sich um Bernarr M. Ptacek, einen Special Agent des FBI-Büros in Los Angeles. Er war damit beschäftigt, einigen der ungeklärten Fragen nachzugehen, auf die das FBI gestoßen war, als es Ermittlungen über Sprengstoffblöcke anstellte, die mit Schiffen aus Atlantikhäfen der USA hatten herausgeschmuggelt werden sollen.
Am 3. Januar 1948 war im Hafen von Newark, New Jersey, eine Kiste von einem Kran gefallen und geborsten. Der Küfer, der bestellt wurde, um sie zu reparieren, hatte im Innern der Kiste Gefahrenzeichen gesehen, die auf Sprengstoff hinwiesen, und die Polizei alarmiert. Ptacek war nun gekommen, um Schwimmer zu einem Scheck über 20.000 Dollar zu befragen, der von Foundry Associates auf ihn ausgestellt worden war, derselben Firma, die den Sprengstoff bei der War Assets Administration (WAA) bestellt hatte.
Schwimmer hatte gewusst, dass früher oder später jemand Fragen stellen würde. Er hatte dies mit dem Rechtsanwalt Nahum Bernstein in New York besprochen, der ihm sagte, es gebe vieles, das er ohne Bedenken erzählen könne.
Bernarr Ptacek
Schwimmer erzählte Ptacek, von einem Palästinenser namens Albert Miller aufgesucht worden zu sein, mit der Bitte, ihn bei der Gründung einer Fluggesellschaft zu unterstützen, die den neuen Staat in Palästina bedienen sollte, sobald das britische Mandat endete. Sie sollte über den Atlantik und quer durch Europa fliegen und Einwanderer und Fracht transportieren.
Naturgemäß sei er interessiert gewesen, fügte Schwimmer hinzu. Die Luftfahrt sei ja seine Branche, und er sympathisiere mit den Juden in Palästina. Er sei dann nach Los Angeles gekommen, um Langstreckenflugzeuge anzukaufen, wobei er die Constellations entdeckt hatte, die von der Army Air Force zum Verkauf angeboten wurde. Miller habe das Geld – insgesamt 125.000 Dollar – für den Kauf und die Überholung dieser Flugzeuge zur Verfügung gestellt. Foundry Associates sei eine der Firmen, über die Miller seine Zahlungen leiste.
Schwimmer zeigte Ptacek die drei Flugzeuge. Es sei nichts Geheimes an seinem Geschäft. Ptacek nickte. Aber er erinnerte Schwimmer daran, dass etliche Bundesgesetze zu beachten seien, wolle man eine Fluggesellschaft gründen, insbesondere eine, die in den Nahen Osten flog. Auch sei es verboten, Kampfflugzeuge dorthin zu exportieren.
Das wisse er wohl, wandte Schwimmer ein, aber die Constellations seien ja schwerlich Kampfflugzeuge. Er wisse, wie viele Gesetze und Vorschriften es gebe: Er verbringe jeden Abend mit dem Papierkram. Sobald es ihm möglich wäre, wolle er nach Washington fahren, um die Antragsunterlagen über die Regierungskanäle einzureichen. Er rechne damit, dass die drei Constellations am 15. Februar vom Flughafen in Milville, New Jersey, aus in Betrieb genommen werden könnten. »Darüber würde ich gerne informiert werden«, sagte Ptacek. – »Selbstverständlich«, antwortete Schwimmer. Die beiden verabschiedeten sich.
Immer wieder kam Ptacek in der Folge nach Burbank. Was trieb ihn an? Es ist nicht viel über ihn bekannt, doch ein Nachruf, der nach seinem Tod im November 2007 in der Chicago Tribune erschien, gibt einige Aufschlüsse:
»Im Jahr 1943 trat er in das Federal Bureau of Investigation ein und war in den Außenstellen Chicago, New Haven und Los Angeles tätig, wo er maßgeblich an der Bekämpfung des aufkommenden Kommunismus im Raum Los Angeles beteiligt war. Die von Mr. Ptacek zusammengetragenen Informationen waren entscheidend für die Verabschiedung des Gesetzes über die Loyalität von Regierungsangestellten, das dazu beitrug, Kommunisten aus der Regierung der Vereinigten Staaten zu eliminieren.
Von 1945 bis 1947 untersuchte Ptacek den Kommunismus in der Filmindustrie, was maßgeblich zur Verhaftung der ›Hollywood Ten‹ beitrug. Schließlich bearbeitete er 1949 (sic!) den ›Fall Neutralität‹, bei dem es um die Untersuchung von Waffenlieferungen an den neuen Staat Israel ging, die zu diesem Zeitpunkt unrechtmäßig waren.«
Für Ptacek gehörte beides zusammen: Wenn die Sowjetunion die Juden in Palästina unterstützte, musste das bedeuten, dass Kommunisten und Zionisten unter einer Decke steckten und konspirierten, um den USA zu schaden. Das würde er zu verhindern wissen.
Fliegende Festungen
Die Waffenlieferungen über die Häfen der USA hatte das FBI gleich nach Bekanntwerden unterbunden. Nun war Ptacek an Al Schwimmer und den Flugzeugen dran. Das machte Schwimmers Mission wesentlich schwieriger.
Der Filmemacher Boaz Dvir, der Al Schwimmer zu dessen Lebzeiten interviewt hatte, schrieb in seinem Buch Saving Israel, Al Schwimmer habe »wie ein Fremder in seinem eigenen Land« handeln müssen, »Pläne schmieden, verbergen, verschleiern, falsche Identitäten vorgeben, Informationen nur bei Bedarf preisgeben, im Zickzack laufen und fliehen« müssen. Die ständige Flucht vor den US-Behörden habe zwar ihren Tribut gefordert, doch Schwimmers Arbeit kaum verlangsamt:
»Genau wie die Bomber, denen er nachjagt, kommt er, trifft seine Ziele und verschwindet wieder. In zehn Tagen, die er [im Mai 1948] in den Vereinigten Staaten verbrachte, tätigte er einen Kauf von vier B-17-Maschinen, für den er im Vorfeld die Grundlagen geschaffen hatte.«
Die viermotorige B-17, auch »Fliegende Festung« (Flying Fortress) genannt, war der bekannteste Bomber der amerikanischen Luftstreitkräfte im Zweiten Weltkrieg und dafür gerühmt, auch bei schwerer Beschädigung noch flugfähig zu sein. Drei dieser B-17 waren im Krieg von 1948 Israels einzige schwere Bomber und sollten trotz der geringen Stückzahl wichtig für den Kriegsverlauf werden.
Viele der amerikanischen B-17 waren nach dem Zweiten Weltkrieg aller militärischen Komponenten entledigt und zur zivilen Nutzung, meist als Transportflugzeuge, freigegeben worden. So waren unter anderem die Geschütztürme entfernt und die dadurch entstehenden Löcher mit Sperrholz verdeckt worden.
Ein amerikanischer Christ für Israel
Schwimmer hatte erfahren, dass es in Miami einen Obst- und Gemüseexporteur namens Charles Winters gab, der zwei solcher B-17 zu verkaufen hatte.
Winters war ein protestantischer Ire aus Boston. Als Schwimmer ihn traf, stellten die beiden fest, dass sie viel gemeinsam hatten: Beide waren während der Depression im Nordosten der USA aufgewachsen, beide humpelten – Winters aufgrund einer Polioerkrankung in der Kindheit, Schwimmer wegen einer Footballverletzung, die er als Jugendlicher erlitten hatte –, beide hatten ihre Liebe zum Fliegen entdeckt. Während des Zweiten Weltkriegs hatten beide zivile Tätigkeiten ausgeübt, Schwimmer als Mechaniker und Pilot für TWA, Winters als Einkaufsmanager im Dienst der Regierung.
Nun exportierte Winters Obst und Gemüse von Florida in die Karibik. Er kannte sich mit Flugzeugen aus, konnte sie fliegen und hatte gute Kontakte. Vor allem aber war er in Besitz einer Lizenz, Flugzeuge aus den USA auszuführen. Schwimmer fand Winters so vertrauenswürdig, dass er, obwohl er ihn kaum kannte, das Risiko einging, ihm von seinen wahren Plänen zu erzählen: Israel brauchte Bomber. Winters, der es bedauerte, dass er nicht im Zweiten Weltkrieg hatte kämpfen können, war willens, die gute Sache, die er in der Gründung des Staates Israel sah, zu unterstützen.
Darin war er anderen nichtjüdischen Unterstützern ähnlich. Etwa Trygvie Maseng, dessen Eltern aus Norwegen stammten. Auch er war Protestant. Während des Zweiten Weltkriegs Bomberpilot, hatte er sich danach an der Universität Columbia im Fach Kreatives Schreiben immatrikuliert und steckte 1948 in einer Frustration, nachdem er erkannt hatte, »dass man an einer Universität das Schreiben nicht lernt«. Ein Freund, dem er von seiner Schwermut erzählte, schlug ihm vor, ein paar interessante Leute zu treffen. Einer seiner Enkel, Jonathan Everett Maseng, schrieb 2016 in einem Zeitungsbeitrag:
»Bis heute weiß niemand in meiner Familie, warum mein Großvater sich bereit erklärte zu helfen. Er war kein Jude, hatte keine engen jüdischen Freunde und keine Verbindung zum Nahen Osten. Als mein Vater ihn Jahre später fragte, warum er sich der Mahal (Freiwillige aus Übersee, die für den jüdischen Staat kämpften) anschloss, antwortete mein Großvater, dass er ›die Asymmetrie verabscheute‹. Er konnte sich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass 600.000 Juden gegen eine so große Zahl von Feinden kämpfen würden.«
So wurde er der erste Flugtrainer von Schwimmers Service Airways. Einen anderen Teil seiner Motivation beschrieb er 1970 gegenüber dem Journalisten Leonard Slater: »Ich war zu spät für den Spanischen Bürgerkrieg.« Maseng oblag es, die Piloten auszuwählen: »Sie hatten sich mit mir auf dem Flughafen Teterboro getroffen, um sich die Piloten anzusehen, die sie bekommen wollten. Ich bin etwa ein Dutzend davon durchgegangen. Einige konnten nicht fliegen. Bei einem stellte sich heraus, dass er vier Stunden in einer Piper Cub verbracht hatte. Einige konnten fliegen, aber sie waren instabile Spinner. Wir hatten alle möglichen Typen.«
Über den Atlantik
Charles Winters zeigte Schwimmer die beiden B-17 und überzeugte ihn davon, dass sie wieder in einen militärtauglichen Zustand versetzt werden konnten. Und Winters tat noch viel mehr, als Schwimmer seine beiden B-17 zu verkaufen. Das fing damit an, dass sie offiziell nicht den Besitzer wechselten. Sie blieben auf ihn registriert, um nicht die Aufmerksamkeit der Obrigkeit zu wecken. Zudem erwarb Winters in seinem Namen – mit dem Geld der Jewish Agency – zwei weitere B-17 und heuerte die Crews an, welche die Maschinen in die Tschechoslowakei fliegen sollten. Schwimmer wollte für jede Maschine eine Mannschaft von zehn bis dreizehn Personen, davon drei bis vier Piloten.
Jeder Pilot erhielt tausend, jedes Besatzungsmitglied fünfhundert Dollar. Das war damals viel Geld dafür, ein demilitarisiertes Flugzeug nach Europa zu fliegen. Es gab so viele Bewerber, dass Winters sie sich aussuchen konnte. Schwimmer wusste, dass ein Pilot mit B-17-Zertifizierung mindestens 3.000 Flugstunden benötigte. Solche wollte er haben: »Es ist mir egal, ob jemand Flächenbombardements über Deutschland geflogen hat; wenn es nicht in einer B-17 war, ist es Zeitverschwendung, mit ihm zu reden.« Denn die B-17 galt als ein sehr schwierig zu fliegendes Flugzeug.
Die geplante Route der Flying Fortress war Miami – San Juan, Puerto Rico; San Juan – Santa Maria, Azoren; und Azoren – Žatec, Tschechoslowakei. Ein 10.600 Kilometer langer Flug von mindestens 38 Stunden Dauer über den Atlantischen Ozean und den Eisernen Vorhang. Am späten Abend des 11. Juni 1948 war es soweit: Vier Fliegende Festungen sollten von Miami abheben. Eine blieb wegen technischer Probleme am Boden. Den übrigen, die angefangen hatten, Runden über Miami zu drehen, wurde über Funk durchgegeben, nicht auf das vierte Flugzeug zu warten, um nicht mit ihrem Lärm die Bevölkerung aufzuwecken.
Einer der Copiloten war ein Mann namens David Goldberg. Weil sein Name zu jüdisch klang, sollte er nicht als Pilot genannt werden. David Goldberg erinnerte sich 1981 in der Zeitschrift Wing Magazine an die Reise:
»Ich hatte während des Kriegs bei der 15. Airforce in Italien B-24-Bomber geflogen. Als ich im Frühjahr 1948 von Miami aus Frachtflüge machte, wurde ich telefonisch kontaktiert und gefragt, ob ich daran interessiert sei, tausend Dollar für die Überführung eines Flugzeugs nach Europa zu verdienen. Ich sagte zu. […]
Ein paar Tage vor dem Abflug wurde ich gefragt, ob ich als Co-Pilot statt als Pilot fliegen würde, da sie jetzt einen Colonel gefunden hatten, der angeblich viel Zeit in der B-17 verbracht hatte, und außerdem würde sein Name in den Unterlagen besser aussehen. Das Geld war dasselbe, also stimmte ich zu. Unser Flug von Miami nach San Juan, Puerto Rico, verlief ohne Zwischenfälle. Außer dem Colonel und mir hatten wir noch einen Navigator und etwa zehn junge Männer mitgenommen, die als ›Frachtabfertiger‹ eingestuft wurden.«
Der Weiterflug ab Puerto Rico verlief nicht so gut:
»Der Colonel hatte sich in San Juan völlig betrunken und blieb es bis zum Abflug. Am nächsten Morgen schafften wir es, ihn in das Flugzeug zu setzen, und der Navigator und ich flogen es aus. Von San Juan aus ging es zu den Azoren. Das würde 21 Stunden dauern, und wir hatten Treibstoff für 24 Stunden an Bord. Als wir etwa zehn Stunden unterwegs waren, kam der Colonel zu mir, um mich abzulösen, damit ich mich ausruhen konnte.
Ich war gerade auf dem Rücksitz eingeschlafen, als ich mit großer Aufregung geweckt wurde und erfuhr, dass Cohen, der Navigator, durch ein verglastes Teil im Boden des Bugs gefallen war, das dort für Luftaufnahmen angebracht worden war. Der Mann hielt sich nur mit Mühe fest und wurde langsam vom Sog herausgezogen. Ich rannte zurück ins Cockpit, um die Geschwindigkeit des Flugzeugs zu drosseln. Colonel B. hatte sich verdünnisiert und zitterte wie Espenlaub. Ich verlangsamte das Flugzeug, schaltete den Autopiloten ein und ging nach unten, um den Navigator wieder in die Maschine zu ziehen. Es gelang uns, aber danach war er absolut nicht mehr zu gebrauchen und wir mussten die Azoren nun ohne ihn finden.«
Wie durch ein Wunder gelang es Goldberg und seiner Flugzeugbesatzung, die portugiesischen Inseln anzusteuern:
»Durch einen Glücksfall konnten wir nach 20 Stunden Flugzeit das Funkfeuer von Santa Maria auffangen, aber das Wetter war schlecht geworden und die Flughöhe niedrig. Die Insel ist mit Bergen bedeckt, und Colonel B. verkündete, dass ein Instrumentenanflug zu riskant sei und er das Flugzeug vor der Küste notwassern würde. Ich sagte, das sei verrückt und dass ich den Anflug machen würde. Er weigerte sich, aus dem linken Sitz aufzustehen. Es war Zeit für eine drastische Maßnahme. Ich schnappte mir einen Feuerlöscher und sagte, ihm den Schädel zu zertrümmern, käme er nicht aus dem verdammten Sitz. Er ging, wir landeten sicher … und ich absolvierte den Rest des Flugs in die Tschechoslowakei allein im Cockpit!«
Bombardierung Kairos – von der Tschechoslowakei aus
Wegen des Verfolgungsdrucks durch die amerikanischen Behörden mussten die Bomber von den Azoren aus rasch weiterfliegen. Mit vorheriger Zustimmung der französischen Behörden meldeten die Besatzungen einen Flugplan für Ajaccio, Korsika, an, landeten aber stattdessen am 14. Juni in Žatec, wo die israelische Luftbrücke in vollem Gange war. Dort wurden die B-17 wieder zu Bombern umgerüstet. Die Schmuggeloperation war inzwischen von der Presse bekannt gemacht worden, sodass das verspätete vierte Flugzeug, das über Kanada geflogen war, bei seiner Landung auf den Azoren von den portugiesischen Behörden auf Bitten der USA beschlagnahmt wurde.
Am 15. Juni machten sich die anderen drei B-17, nun als mittels vielerlei verschiedener Ersatzteile zusammengeschraubte Bomber, von Žatec aus auf den Weg nach Israel. Sie flogen über die Adria, wo man vom Pilotensitz Jugoslawien, von der Seite des Copiloten Italien sehen konnte. Statt aber nach Osten Richtung Israel zu fliegen, ging es nach Weste, zu einem Zwischenstopp auf Ajaccio. Schon der Überführungsflug wurde militärisch genutzt. Eine der B-17 sollte von Ajaccio aus den Abdeen-Palast in Kairo, den Regierungssitz des ägyptischen Präsidenten, bombardieren, die anderen beiden den Flughafen el-Arisch im Sinai, ersatzweise Rafah im Gazastreifen. Die Operation sollte die Botschaft aussenden: So, wie ihr Tel Aviv bombardiert, können wir auch euch treffen.
Auch wenn der Präsidentenpalast nicht getroffen wurde – die Bomben schlugen stattdessen in einem Kairoer Wohnviertel ein, wo sie 30 Menschen töteten und 56 verletzten –, war der Angriff aus israelischer Sicht ein Erfolg. Man darf nicht unsere heutigen moralischen Maßstäbe auf die damalige Zeit übertragen. Mit den damaligen Mitteln war es fast unmöglich, aus der Luft spezifische Ziele zu treffen. Die Alliierten hatten während des Zweiten Weltkriegs mit ihren Bombardements nur einen kleinen Teil der deutschen Kriegsindustrie ausschalten können. Flächenbombardements wie im Zweiten Weltkrieg prägten die Luftkriegsführung auch noch im Korea- und im Vietnamkrieg.
Die israelischen Angriffe auf Kairo und Gaza und kurz darauf jene auf Damaskus waren die Vergeltung für die ägyptischen Angriffe auf Tel Aviv. Sie hatten eine psychologische Wirkung auf die Bevölkerung und sorgten zudem dafür, dass die Kapazitäten der ägyptischen Luftwaffe nicht mehr gegen Israel eingesetzt werden konnten, da sie zur Verteidigung benötigt wurden. Die B-17 wurden auch als »strategische Bomber« bezeichnet, und demgemäß muss ihr Einsatz bewertet werden. Sie änderten die Kosten-Nutzen-Kalkulation. Selbst wenn Ägypten Israel nicht erobern konnte, hätte es die Bevölkerung weiter aus der Luft bombardieren können, in der Hoffnung, sie so zu zermürben und zu einer Kapitulation zu zwingen.
Indem die B-17 Israel in die Lage versetzten, mit gleicher Münze heimzahlen zu können, etablierten diese Flugzeuge eine Art Gleichgewicht des Schreckens. So konnten beide Seiten nur verlieren. Obwohl sich die politische Stimmung in Kairo selbstredend nicht grundlegend geändert hatte, stimmte die Regierung am 6. Januar 1949 einem Waffenstillstand mit Israel zu. Das war das Signal für Jordanien und Syrien, sich im Frühjahr 1949 diesem anzuschließen. Auch wenn er sich nicht genau bestimmen lässt, ist es sicherlich richtig, Israels »Fliegenden Festungen« einen Beitrag zur Beendigung dieses Kriegs zuzusprechen und damit zur Existenz des jüdischen Staates.
In der Serie »Hotel Stalingrad – Israels Rettung 1948« erschienen:
Teil 1: Exodus
Teil 2: Bab el-Wad
Teil 3: Kyrus
Teil 4: Ad Halom
Teil 5: Liebesgrüße aus Moskau
Teil 6: Jan Masaryk
Teil 7: Operation Balak
Teil 8: Golda Meyerson in Amerika
Teil 9: Jaffa Oranges
Teil 10: Die Geschichte von Hank Greenspun, erster Teil
Teil 11: Die Geschichte von Hank Greenspun, zweiter Teil
Teil 12: Die Geschichte von Hank Greenspun, dritter Teil
Teil 13: Die Geschichte von Hank Greenspun, vierter Teil
Teil 14: Die Geschichte von Hank Greenspun, fünfter Teil
Teil 15: Die Geschichte von Hank Greenspun, sechster Teil
Teil 16: Die Geschichte von Hank Greenspun, siebter Teil
Teil 17: Die Geschichte von Hank Greenspun, achter Teil
Teil 18: Die Geschichte von Hank Greenspun, letzter Teil
Teil 19: Land and Labor
Teil 20: Fliegende Festungen